Geschichte der St. Lamberti-Kirche Oldenburg
1200 bis 1596
1270 Gründen die Grafen von Oldenburg die St. Lamberti-Kirche in Aurich. Ein weiteres Indiz für die Bedeutung der Verehrung des Hl. Lambertus in der gräflichen Familie.
1350 Die Pest wütet in Oldenburg.
1377 Wird die Lambertikirche mit der Zustimmung des Erzbischofs von Bremen zu einem Kollegiatsstift erhoben. Das Lambertistift hat dann acht Kanoniker (Stiftsherren), die als Geistliche an den verschiedenen Altären der Kirche Dienst taten. Die Erhebung zur Stiftskirche geht ebenso wie die Gründung der Kirche auf eine Initiative des Grafenhauses zurück. 1386 waren vier Angehörige des Grafenhauses in einer Schlacht gegen die Rüstringer Friesen gefallen. Das Lambertistift sollte mit seiner größeren Zahl an Geistlichen zur „Vermehrung des Gottesdienstes dienen und zum Seelenheil der Grafen und ihrer Vorfahren“.
Um 1400 Die Lambertikirche wird durch zahlreiche Umbauten und Erweiterungen schließlich eine dreischiffige spätgotische Hallenkirche. Vor der Reformation stehen für das tägliche Messelesen der vielen Priester in der Lambertikirche 19 Altäre zur Verfügung.
1430 Die „Elendengilde“ wird als Bruderschaft (für Männer und Frauen) gegründet und kümmert sich um die Betreuung der Armen in der Stadt. An der Lambertikirche gab es bereits die Kaland-Bruderschaft (seit 1367 bezeugt), die Corpus-Christi-Bruderschaft (seit 1371 bezeugt), und später noch die Jakobus-Bruderschaft (15. Jhdt.)
1436 Lässt Graf Dietrich den Chor der Lambertikirche nach Osten erweitern und mit bunten Glasfenstern ausstatten.
1450 Der Kirchhof (Friedhof), der die Lambertikirche umgab, wird nach Süden erweitert, sodass er unmittelbar an die Häuser der Stiftsherren grenzt, die südlich von der Kirche am Ufer eines kleinen Wasserzuges, der Hausbäke (heute nicht mehr sichtbar), standen. Auf der anderen Seite der Kirche stand der Glockenturm auf dem Kirchhof (heute Teil des Marktplatzes).
Um 1490 Die Triumphkreuzgruppe wird geschaffen und am Übergang vom Kirchenschiff zum Chorraum aufgestellt. Die Christusfigur aus dieser Gruppe befindet sich heute im Osten des Vestibüls.
1505 Gräfin Anna vermacht der Marienstatue auf dem Hochaltar der Kirche eine goldene Kette als Schmuck.
1511 Das Dach der Kirche wird durch Regen und Sturm der Antoniflut beschädigt und muss neu eingedeckt werden.
1527 Beginnt in der Lambertikirche die Reformation in der Stadt Oldenburg mit der Einführung von Luthers Deutscher Messe und der evangelischen Predigt von „Magister Ummius“ (Ummo Ilksen aus Stadland, der in Wittenberg studiert hatte). Nach dem friedlichen Aussterben der alten Stiftsherren des Lambertistiftes (um 1550) wird die Kirche im Inneren von einigen Altären befreit. Äußerlich wird die Kirche baulich nicht verändert. Das zu den Pfründen der Kanoniker gehörende Kirchengut wird von Graf Anton I. dem gräflichen Vermögen hinzugefügt.
1573 Bekommt Oldenburg endlich eine evangelische Kirchenordnung. Hermann Hamelmann (1526 bis 1595) wird der erste oldenburgische Superintendent und predigt in der Lambertikirche.
1596 Müssen zum wiederholten Male die Gewölbe erneuert werden.
1599 bis 1789
1599 Wird die Kirche auf einem Stadtplan so gezeichnet. Auf der linken Seite fließt neben den Häusern des Kirchhofes noch die Hausbäke. Die Verbindung zum Schlossplatz ist durch Brücken ermöglicht.
1612 Der Bildhauer Ludwig Münstermann schafft eine neue Kanzel für die Lambertikirche. Die Figur des Moses als Kanzelträger wird im Landesmuseum aufbewahrt.
1618 bis 1648 Der dreißigjährige Krieg zerstört weite Teile Mitteleuropas. Stadt und Land Oldenburg bleiben durch das diplomatische Geschick des Grafen Anton Günter (1583 bis 1667) davon weitgehend verschont.
1667 Anton Günter wird als letzter Graf von Oldenburg in der Lambertikirche bestattet. Die Herrschaft über die Grafschaften Delmenhorst und Oldenburg fällt an die jüngere Linie des Oldenburger Grafenhauses, die als Könige in Dänemark regieren.
1676 Die Lambertikirche bleibt vom großen Stadtbrand in Oldenburg verschont.
1687 Der Pastor an St. Lamberti, Markus Steffens, fordert die Einführung der Konfirmation (angeregt durch die Schriften Philipp Jakob Speners und des daraus erwachsenen pietistischen Kirchenreformprogramms). Die allgemeine Einführung der Konfirmation in Oldenburg geschieht aber erst 1703 durch königliches Mandat.
1690 Der Generalsuperintendent D. Nikolaus Alardus führt das erste oldenburgische Gesangbuch ein, überarbeit den Katechiusmus (1689) und erneuert die Gottesdienstordnung mit seinem „Handbuch für Prediger in der Grafschaft Oldenburg“.
1734 Der aufklärerisch gesinnte Pädagoge Johann Michael Herbart wird Leiter des Gymnasiums, 1749 auch Mitglied des Konsistoriums und predigt gelegentlich in der Lambertikirche.
1773 Oldenburg bekommt wieder einen eigenen Landesherrn. Der evangelische Fürstbischof von Lübeck, Friedrich August (1711-1785), wird im Zuge eines dynastischen Ländertausches Herzog von Oldenburg. Er residiert aber weiter in Eutin.
1785 Peter Friedrich Ludwig wird Herzog und macht Oldenburg wieder zur Residenzstadt.
1789 Mit Esdras Heinrich Mutzenbecher wird zum ersten Mal ein Generalsuperintendent in Oldenburg eingeführt, der nicht zugleich 1. Pastor der Lambertikirche ist. Beide Ämter sind seitdem getrennt, auch wenn die jetzigen Bischöfe der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg ihre Predigtstelle in der Lambertikirche haben.
1795 bis 1870
1795 Die Lambertikirche ist erkennbar baufällig. Herzog Peter Friedrich Ludwig regt an, die Kirche bis auf die Außenmauern abzureißen und im Inneren eine Rundkirche mit einer Kuppel zu bauen. Anstelle des ehemaligen Chores entsteht an der Ostseite eine niedrigere Eingangshalle (Vestibül). Das Innere der Kirche ist seitdem nicht mehr wesentlich verändert worden. Der an das Pantheon in Rom erinnernde Rundbau ist bis heute der Gottesdienstraum. Im Äußeren präsentiert sich die Kirche der Stadt als ein tempelartiges Gebäude ohne Kirchturm.
1807 Herzog Peter Firedrich Ludwig hat wegen der französischen Besetzung Oldenburgischer Gebiete das Herzogtum 1806 verlassen. Er kehrt vorübergehend aus dem Exil zurück und wird mit einem Gottesdienst am 11.1.1807 dankbar begrüßt. In diesem Jahr wird der freistehende Glockenturm abgerissen und damit die Möglichkeit zur Schaffung des deutlich vergrößerten Marktplatzes gegeben.
1811 Besetzen die Franzosen das ganze Land Oldenburg und gliedern es dem Departement „Wesermündungen“ an. Herzog Peter Friedrich Ludwig begibt sich nach Russland ins Exil. Am 27.2.1811 versammeln sich die verbliebenen Beamten – und damit auch die Mitglieder des Konsitoriums und die Pastoren – in der Lambertikirche und leisten dem französischen Kaiser Napoleon den Treueid.
1813 Am 27.11.1813 kehrt Herzog Peter Friedrich Ludwig nach Oldenburg zurück. Am 2. Advent wird ein Dankgottesdienst „nach der Rückkehr des Landesvaters“ in der Lambertikirche gefeiert.
1817 Das 300-jährige Reformationsjubiläum wird, wie in ganz Deutschland, auch in der Lambertikirche mit Begeisterung gefeiert.
1849 Im März wird in der Lambertikirche das offizielle „Fest der Konstitution“ gefeiert. Angeregt durch die Deutsche Revolution von 1848 erhält Oldenburg eine moderne Verfassung. Die Kirchenverfassung ist presbyterial-synodal gestaltet und schafft das landesherrliche Kirchenregiment ab. 1853 wird allerdings das landesherrliche Kirchenregiment wieder eingeführt und der Synode nur eine geringe Kompetenz zugebilligt.
1870 Am Fest Christi Himmelfahrt predigt der liberale Pastor Carl Hermann Spaeth in der Lambertikirche schon im Sinne der dann im 20. Jahrhundert von Rudolf Bultmann zum Programm erhobenen Entmythologisierung der Bibel und erntet damit einen Sturm der Entrüstung bei den neulutherischen Theologen in Oldenburg und darüber hinaus.
1873 bis 1999
1873 Im Westen der Kirche wird hinter dem Altar ein neuer Turm errichtet. Das ist zugleich der Beginn der neugotischen Umgestaltung des Äußeren der Kirche.
1885 bis 87 Kommen die vier Ecktürme mit Treppenhäusern zu den oberen Emporen hinzu und der gesamte Bau wird mit roten Backsteinen in gotischen Formen ummantelt. Im Lauf der nächsten Jahre wird die Form der Turmhauben immer wieder verändert. In der heutigen Form ist der Turm der Lambertikirche 86m hoch und damit das höchste Gebäude Oldenburgs. Die Kirche präsentiert sich seitdem mit ihren fünf Türmen und dominiert das Stadtbild.
1914 Am 5.8.1914 wird ein außer-ordentlicher Bußtagsgottesdienst anlässlich des begonnen Ersten Weltkriegs gefeiert, bei dem Pastor Wilhelm Wilkens predigt über „Wenn Gott für uns ist, wer mag wider uns sein?“ (Röm 8,31).
1918 Nach dem Ende des 1. Weltkrieges dankt der Großherzog ab. Damit endet das landesherrliche Kirchen-regiment endgültig.
1920 Bevor am 15.9.1920 im Oldenburger Landtag die verfassungsgebende Landeskirchen-versammlung zusammentritt, wird ein Gottesdienst in der Lambertikirche gefeiert. Die Kirchenverfassung tritt am 12.11.1920 in Kraft.
1929 Engagiert sich Pastor Hermann Buck für die Möglichkeit, das Hl. Abendmahl auch durch Eintauchen der Hostie in den Kelch (Intinctio) zu empfangen. Ein Abendmahlskelch nach seinen Vorstellungen – bei dem am Fuß des Kelches Vertiefungen für die Hostien angebracht sind – ist bis heute erhalten.
1931 Die Trauerfeier für Großherzog Friedrich August findet in der Lambertikirche statt (bestattet ist er im Mausoleum auf dem Gertrudenkirchhof). Neben vielen Oldenburger Würdenträgern ist auch eine starke Abordnung der NSDAP, der SA und der SS an der Feier beteiligt.
1932 Der Freistaat Oldenburg wird als erstes Land in Deutschland nationalsozialistisch regiert. Die Nazis versuchen im September die Predigt des schwarzen Pastors Robert Kwami (aus Togo gebürtig) zu verhindern. Es gelingt ihnen nicht und die Lambertikirche ist überfüllt wie bei der Beisetzung des Großherzogs. Heute ist ein Saal der Kirche nach Robert Kwami benannt.
1933 Mit der Machtübernahme der Nazis in Deutschland werden die evangelischen Kirchen vor die Alternative Anpassung oder Widerstand gestellt. Es entsteht in Oldenburg eine große Gruppe der „Bekennenden Kirche“, während die Kirchenleitung von der Bewegung der „Deutschen Christen“ dominiert wird, die den Nazis nahe steht. Als einziger Pfarrer aus der Stadt Oldenburg gehört Pastor Rühe von der Lambertikirche zur „Bekennenden Kirche“.
1937 Die Lambertikirche erhält eine Warmluftheizung. Zu diesem Zweck wird unter der Eingangshalle ein Keller gegraben. Einige Gräber werden freigelegt, darunter auch die Gräber von Graf Anton I und seine Frau Sophia Catharina. Ihre beiden großen Grabplatten sind seitdem ausgestellt.
1938 Nach der Zerstörung der Synagoge werden die männlichen Juden Oldenburgs am 10.11. durch die Stadt zum Gefängnis getrieben – vorbei an der Lambertikirche…
1939 Beginn des 2. Weltkriegs. Die Stadt Oldenburg wird im Krieg kaum bombardiert und die Lambertikirche bleibt unversehrt, auch wenn ihre Glocken zum Teil eingeschmolzen werden.
1945 Am 17.6.1945 predigt Bischof Wilhelm Stählin am extra anberaumten „Landes-Buß-und-Bettag“ in der Lambertikirche und deutet die Schuld, die Deutschland und die evangelische Kirche im Nationalsozialismus auf sich geladen haben, als „Abfall von Gott und seiner heiligen Ordnung“.
1968 Beginnt die eine große Umgestaltung der Kirche. Professor Oesterlen aus Braunschweig wird mit der Planung beauftragt. Die Kirche wird schließlich im Innenraum gedreht, um den Einbau einer großen Orgel zu ermöglichen. Die Orgel wird von der Firma Führer aus Wilhelmshaven geschaffen und ist die größte Orgel im Oldenburger Land. Für solch ein Instrument bietet nur die Ostempore genügend Platz. Deshalb wird der Haupteingang durch die Vorhalle im Osten geschlossen und dieser Raum zu einer Kapelle umgestaltet. Der Eingang der Kirche ist jetzt von Westen her durch die kleine Tür unter dem Turm. Altar, Kanzel und Orgel werden nach Osten verlegt. Dem Zeitgeist entsprechend werden die meisten Bezüge der Kirche zur Landesgeschichte und zum Herrscherhaus aus dem sichtbaren Bereich im Erdgeschoss entfernt.
1999 Bischof Peter Krug wirbt vor der Synode der Ev.-Luth. Kirche für eine Umgestaltung der Lambertikirche zu einer „Citykirche“. Damit startet ein langjähriger Planungsprozess, der zu einer Konzeption für einen erneuten Umbau der Kirche führt.
2007 bis 2009
2007 Beginnen die Bauarbeiten zum erneuten Umbau der Kirche und zum Einbau eines Gemeinde- und Veranstaltungszentrums in die historische Bausubstanz der Kirche. Professor Hirche aus Hamburg leitet den Umbau. Die Kirche wird in der originalen klassizistischen Farbgebung restauriert, die Kapelle wird zurückgebaut zum Vestibül, die Särge von Graf Anton Günther und seiner Frau kehren in die Kirche zurück und auch die Kenotaphe zur Erinnerung an den letzten Grafen und den ersten Herzog finden wieder angestammten Platz. Im Ostteil werden neue Räume eingebaut, darunter im 1. Stock der große „Lambertus-Saal“ in der neugotischen Apsis der Kirche.
2009 Im Nord-Ost-Turm der Kirche wird das evangelische Informations- und Kommunikationszentrum „Markt 17“ eröffnet. Damit stehen der Kirchengemeinde, dem Kirchenkreis und der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg eine Anlauf-, Informations- und Wiedereintrittsstelle mitten in der Stadt zur Verfügung.
Die Geschichte der Lambertikirche und die Geschichte Gottes mit den Menschen in der Stadt Oldenburg ist damit noch lange nicht am Ende angekommen. Sie wird weitergehen und auch zu weiteren Veränderungen an der Lambertikirche führen.
Möge Gott seinen Segen dazu geben!
Das Lichtkreuz in St. Lamberti
Seit 2011 hängt das große Lichtkreuz des Künstlers Ludger Hinse in der Lambertikirche. Es fasziniert die Menschen, die unsere Kirche besuchen. Das Lichtkreuz hängt frei im Raum und dreht sich, je nachdem welche Luftströme in der Lambertikirche herrschen. Dadurch zeigt es immer wieder andere Farbspiele: mal ist es fast durchscheinend, dann wieder sprühen die Farben des Regenbogens oder es spiegeln sich die Säulen der Kirche im Kreuz.
Das Lichtkreuz ist ein griechisches Kreuz, bei dem alle vier Arme gleich lang sind. Dadurch wirkt das Kreuz im Rund der klassizistischen Rotunde nicht störend, sondern als eine moderne Ergänzung des symmetrischen Innenraums mit seiner bergenden Kuppel.
Ludger Hinses Lichtkreuz zeigt nicht Tod und Leiden, sondern das Gottes Licht, das von Karfreitag und Ostern ausgeht und uns in St. Lamberti überstrahlt. Es ist ein modernes Christuszeugnis, in dem die positive Energie des Glaubens sichtbar wird.
In der Lambertikirche ist das Lichtkreuz Teil des Kirchenjahres. Es hängt von Aschermittwoch bis zur Woche nach dem Totensonntag, dann wird es vom Adventskranz abgelöst, bevor der wiederum dem Herrnhuter-Stern Platz macht. Vom 2.2. bis zum Aschermittwoch bleibt die Kuppel frei, dann steigt die Vorfreude auf das Lichtkreuz, das so viele Menschen in Oldenburg liebgewonnen haben.